Bachs Motetten, vorrangig für private Anlässe komponiert, stehen abseits seiner weiteren geistlichen Musik, und bilden eine ganz eigene Werkgruppe. Häufig wird diese in der Literatur als Kronjuwelen oder Monolithen der Vokalmusik bezeichnet und ist gleichermaßen bekannt wie virtuos.
Die Idee Bachs, geistliche Musik für private Anlässe zu komponieren, wird im Kompositionsstil deutlich: die Motetten sind insgesamt sehr individuell zuschneidbar. So wird beispielsweise der Chor nicht von einem Orchester begleitet, sondern von einem schlichteren Generalbass bzw. Continuo. Zum Ausgleich für das „fehlende“ Orchester ist der Vokalsatz noch komplexer und detaillierter ausgearbeitet als in seinen anderen Chorkompositionen: Auf engem Raum kommen diverse Satztechniken, kontrapunktisch und konzertant, Choralsatz und Doppelchörigkeit, zum Einsatz. Diese fordern und begeistern Sänger und Sängerinnen in ganz besonderem Maße, Bachs Motetten gehören auch deshalb zum angestrebten Werkkanon eines jeden Kammerchor-sängers oder -sängerin.
Der genannte Basso Continuo (italienisch für „fortlaufender Bass“) besteht in Musikstücken aus der tiefsten Instrumentalstimme in Verbindung mit passenden Harmonien, welche meist von einem Tasten- oder sonstigen Akkordinstrument ausgeführt werden. Die Realisierung der Harmonien als Akkorde ist damit dem Spieler überlassen und wurde ursprünglich oft improvisiert. Es entspricht der historischen Aufführungspraxis, mit den Instrumenten zu variieren und zu experimentieren. Damals wie heute wird und wurde das Continuo je nach Möglichkeiten, Anlässen und Interpretation besetzt.
An diesem Punkt möchte das RheinMainEnsemble ansetzen und die Möglichkeiten der Bach-Motetten weiterführen. Mit Alexander von Heißen konnte das Ensemble einen Spezialisten für historische Tasteninstrumente für diese Idee gewinnen.
Die Besonderheit in diesem Programm: Es soll nicht bei den historischen Tasteninstrumenten im Continuo bleiben: von Heißen wird zusätzlich mit dem den Hörenden bekannten und klanglich vertrauen Fender Rhodes die Musik begleiten. Dieses elektromechanische Musikinstrument, das von Harold Rhodes (1910–2000) entwickelt wurde, setzte sich in den 1970ern aufgrund seines neuen und völlig eigenständigen Klanges durch. Das Fender-Rhodes-Piano kam und kommt speziell in Jazz, Pop, Funk und Soulmusik zum Einsatz – und nun auch in Bach-Motetten. Durch seinen unverwechselbaren, glocken-ähnlichen und weichen Klang erlangte es bei Musikern schnell eine hohe Popularität.
Dieser moderne Soundaspekt wird vom Ensemble durch zwei zeitgenössische a cappella-Kompositionen von Ola Gjeilo (*1978), welche zwischen den Motetten als Zäsur eingefügt werden, komplettiert.
Das RheinMainEnsemble möchte mit diesem Programm den Blick auf „Bekanntes“ erweitern, Ohren öffnen und zeigen, wie Bachs Motetten in unserer Zeit klingen können. Durch das Einfügen neuer Elemente in bekannte Werke und Kombination mit moderner Literatur wird Spannung erzeugt, und Vokalmusik, Continuo, Barock und das 21. Jahrhundert mit seiner filmmusikartigen Musik werden in Beziehung gesetzt. Die Musizierenden öffnen Räume, Musik neu zu erleben, oft Gehörtes neu wahrzunehmen und auf eine andere Weise zu verstehen. Ebenso können Elemente aus unserer Zeit in solch einer Musik einen Zugang möglich machen, sich dieser Musik zu öffnen und sie für uns in der Gegenwart zu gestalten. Zeitgenössischer Musikgeschmack hat seine Berechtigung und ist in jeder Epoche existent. Dieses Programm lädt durch die historische Idee des Generalbasses dazu ein, an bestimmten Stellen diesen modernen Musikgeschmack in historische Werke einfließen zu lassen.
- Eintritt frei -
Rubensallee 5, 55127 Mainz
Rubensallee 5, 55127 Mainz
→ In Kartenanwendung öffnen
Deine Partys in Mainz. Deine Kultur in Mainz. Veranstaltungen und Events in Mainz. Termine in Mainz mit PROUDY.de.